Verschlafen rieb ich mir die Augen. Verschwommen erkannte ich meinen Kater, der auf mir saß. Ich sah auf den Wecker. „Mist!“, schimpfte ich, als ich erkannte wie spät es war. Ich kämpfte mich aus meiner Bettdecke heraus und versuchte dabei, Muck so wenig wie möglich zu stoßen. Schnell schlüpfte ich aus meinem Nachthemd und warf mir eine Bluse und einen Rock über. Hastig zog ich die Bürste einpaar Mal durch mein Haar, gab den Kampf jedoch bald auf. „Danke Süßer!“, rief ich hastig und knallte hinter mir die Türe zu meinem Zimmer zu. Auf ihn war in der Früh immer verlass. Zerstreut rannte ich die Treppe hinunter in die Küche. „Morgen!“, murmelte ich. „Morgen Süße!“, schallten meine Eltern übertrieben fröhlich. Ich ließ mich seufzend auf meinem Platz wieder und starrte angeekelt auf das grüne Etwas auf meinem Teller. „Was ist das?“, würgte ich heraus. Beleidigt zog meine Mutter eine Schnute. „Das ist Dinkelbrei mit Gemüse“, erklärte sie spitz. Ich verdrehte die Augen. „Mama, das haben die Römer im Mittelalter gegessen!“, beschwerte ich mich. „Dann wussten die wenigstens, wie man sich gut ernährt! Außerdem ist es gesund!“ „Schätzchen, deine Mutter hat ganz recht“, beschwichtigte mein Vater und legte meiner Mutter lächelnd die Hand auf die Schulter. Ich sah auf die Uhr und fluchte. Hastig sprang ich auf und schnappte mir meine Jausenbox. Ich schmiss sie in meine Schultasche und warf mir meinen Mantel über. „Nimm den Schal, es ist kalt!“, wies meine Mutter mich an. „Macht nichts!“, rief ich zurück und stürmte mit der schweren Schultasche am Rücken hinaus. Ich musste zugeben, dass ich vielleicht besser auf meine Mutter gehört hätte. Es war wirklich eiskalt. Als ich bei der großen Linde ankam, kreuzte ein Mädchen mit auffallend rot- orangen zu zwei geflochtenen Zöpfen zusammengebundenen Haaren meinen Weg. Ich ging weiter in Richtung Schule. Das Mädchen sah etwas verloren aus. Als die Straße einen Bogen machte und gerade aus der Schotterweg begann, der zur großen Grünfläche meiner Schule führte, blieb sie stehen. Verwirrt sah sie vom einen zum anderen Weg. Auf einmal tat sie mir leid. Und bevor ich es mir anders überlegen konnte, überwand ich meine Schüchternheit und fragte: „Entschuldige, aber vielleicht kann ich dir helfen. Willst du in das Rose- Theodor Gymnasium?“ Das Mädchen lächelte verlegen. „Ja. Könntest du mir vielleicht sagen wo das ist?“ „Klar, folge mir einfach immer gerade aus. Ich geh auch in diese Schule. Bist du neu?“, fragte ich interessiert. „Ja, ich komme jetzt in die 3a. Ich bin Molly Milton und du?“, fragte das Mädchen mit den roten Zöpfen. „Ich bin Lucy Marie Anderson. Was für ein Zufall. Ich bin auch in der 3a“, strahlte ich. In mir tobte alles vor Freude. In meiner Klasse hatte ich bis jetzt noch keine Freundin. Die waren alle Zicken. Vor allem diese Tina. Die Mädchen aus meiner Klasse beteten sie beinahe an. Nur ich war nicht so blöd auf ihr Getue hinein zu fallen. Irgendwie konnte ich Leute mit dem ersten Blick einschätzen. „Cool! Puh, dann bin ich nicht so alleine“, seufzte Molly erfreut. Inzwischen hatten wir unseren Weg fortgesetzt. „Wie ist die Schule so? Und unser Klassenvorstand oder halt -in?“, durchlöcherte sie mich. „Die Schule ist ganz gut. Einen großen Park, viele Gänge und die Lehrer sind halbwegs okay… Zu unserem Klassenvorstand solltest du mich lieber nicht befragen. Ich bin jetzt nicht gerade sein größter Fan. Er ist ein furchtbarer Obermacho und sehr selbstsüchtig wenn du mich fragst, aber die aus der Klasse sehen dass ganz anders“, erklärte ich sarkastisch. Molly grinste. „Na dann, bin ich ja schon einmal sehr gespannt“, meinte sie. „Hey, warum bist du eigentlich in unsere Schule gewechselt?“, fragte ich vorsichtig. Nicht dass sie zum Schluss durchgefallen war, dass wäre sicher furchtbar unangenehm zu erzählen. Doch Molly lachte. „Weißt du, mein Vater hat hier einen besseren Job bekommen und so sind wir umgezogen“, meinte sie fröhlich. Ich lächelte verlegen, aber gleichzeitig auch vergnügt. Da kamen wir schon zu dem großen Park, der zu unserer Schule gehörte. Den restlichen Weg bis zum Schultor liefen wir, da es schon so spät war. „Komm mit, ich zeig dir die Klasse.“ rief ich und dann sprinteten wir auch schon los. Unser Schulhaus war sehr groß und wenn man neu war, konnte man sich schon manchmal verirren. Wir liefen zur ersten Stiege und rannten hinauf. Erster Stock, zweiter Stock und schlussendlich der dritte Stock. Erschöpft drehte ich mich zu Molly um. Die stand hinter mir und grinste mich an. „ Bei euch muss man ja keinen Morgensport mehr betreiben.“ Ich lachte. Als sie die Klasse betraten war noch fast keiner da, ich fragte: „Wollen wir uns neben einander setzten?“ „Klar. Was glaubst du? Du musst mich doch einführen“ Ich schüttelte grinsend den Kopf. Heute war schon ein verrückter Tag. Ich war Molly unendlich dankbar, dass Molly sich neben mich setzte. Letztes Jahr war ich am Anfang neben einem Mädchen namens Kathy gesessen. Die hatte dann aber leider auch ganz schnell bemerk, dass ich anscheinend nicht sonderlich beliebt in der Klasse war und hatte sich „vom „vom Acker gemacht“. Den Rest des Jahres war ich herum gependelt zwischen einem Mädchen namens Millie, das kein Wort sprach und anderen Mädchen, die mich gerade noch so aushielten, dass sie von meiner Uncoolness nicht überrollt wurden. Langsam füllte sich das Klassenzimmer. Da spazierte knapp vor dem Läuten Tina mit ihren beiden größten Anhängerinnen Anja und Theresa in die Klasse. Molly und ich hatten uns die besten Plätze ganz hinten am Fenster gesucht. „Diese Plätze gehören uns“, war das einzige was Tina sagte, bevor sie mit einem Wisch über dem Tisch alle unsere Sachen von Tisch beförderte. „Hey!“, rief Molly und sprang auf. „Wir waren hier zu erst!“ Tina lachte spöttisch. „Ach ja“, ihre giftgrünen Augen sahen spöttisch auf Molly hinab. „Wenn ich du wäre, würde ich aufpassen, wenn ich mir als Freundin aussuche. Mit Lucy wirst du nämlich nicht weit kommen. Aber du könntest bei und hier hinten sitzen“. „Nein, danke. Ich denke wenn könnt ihr hier hinten bei uns sitzen, wenn ihr euch entschuldigt und nett fragt!“, zischte Molly. Tinas Augen verengten sich. Oh, oh, jetzt wurde es wirklich ernst. „Stopp! Tina, kannst du dich nicht einmal bei Neuen zurückhalten? Wir gehen ja schon“, meinte ich und hob kapitulierend die Hände. Da läutete es. Molly starrte mich ungläubig an. „Na geht doch. Du hast über die Ferien sogar etwas dazu gelernt“, zufrieden ließ sich Tina am Sessel nieder und überschlug ihre Beine. Molly wollte gerade den Mund aufmachen um etwas zu sagen, doch ich stieß sie mit dem Ellbogen an und schüttelte leicht den Kopf. Wir packten gemeinsam unsere am Boden verstreuten Sachen. Als wir fertig waren, kam Professor Timpson in die Klasse. Verzweifelt suchten wir nach einem Platz. „Guten Morgen!“, die Klasse stand auf und begrüßte unseren Lehrer. Als sich alle gesetzt hatten und Professor Timpson uns alleine in der Klasse stehen sah, zog er die Augenbrauen hoch. „Habt ihr noch keinen Platz? Also Lucy, ich habe dich immer für ganz anständig gehalten. Du solltest der Neuen gegenüber wirklich nicht so einen schlechten Eindruck machen und zu spät kommen. Aber hier ist noch Platz.“ Er deutete auf zwei Sitzplätze in der zweiten Reihe. Einige in der Klasse kicherten. Ich biss mir auf die Lippe um nichts zu erwidern und setzte mich schweigsam hin. „Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, haben wir ein neues Mädchen in der Klasse. Sie heißt Molly Milton“, erklärte Professor Timpson. Ein paar in der Klasse sagten so etwas wie: „Hallo!“ oder „Hi“, aber ansonsten erntete Molly hauptsächlich neugierige Blicke. Sie schob das Kinn vor und erwiderte die Blicke eisern. Ich war beeindruckt von ihrem Mut. Als alle ihre Aufmerksamkeit wieder auf unseren Klassenvorstand gelenkt hatten, raunte Molly mir zu: „Was war denn das? Wieso hast du ihr das durchgehen lassen?“ Ich schluckte. „Weißt du, mit Tina sollte man nicht spielen. Das kann echt gefährlich werden. Ich wollte dir deine Chancen auf eine gute Klassengemeinschaft mit den anderen nicht gleich verderben“, meinte ich. „Auf so `ne Klassengemeinschaft kann ich mit vergnügen verzichten“, knurrte Molly. „Aber ist schon gut. Danke“, fügte sie sanfter hinzu. Ich seufzte beruhigt dass sie nicht sauer auf mich war und oder mich für einen Angsthasen hielt. „Also wirklich! Zuerst zu spät kommen und auch noch in der Stunde nicht aufpassen!“, schimpfte Professor Timpson verärgert. Den Rest der Stunde schwiegen wir.
„Ach so liebe Güte, das ist ein Idiot!“, Molly und ich kugelten uns vor Lachen. „Ich mein, sie machen da Papierflieger Wettfliegen in der Stunde und er bemerkt nichts!“, meinte ich und schnappte nach Atem. Wir waren gerade auf dem Heimweg. Heute hatten wir nur zwei Schulstunden mit unserem werten Klassenvorstand gehabt, da der erste Schultag nach den Ferien war. „Ja, echt! Wir haben ein wirkliches Glück, dass unser Klassenvorstand so doof ist“, grinste Molly. „Ja, aber leider auch gut für Tina, die das schamlos ausnutzt“, erwiderte ich düster. „Ja, man, das ist vielleicht ’ne Zicke“, Molly ballte die Hände zu Fäusten. Da kamen wir an der großen Linde an. Hier würden sich unsere Wege trennen. „Na dann, tschüss und bis morgen“, verabschiedete ich mich bedauernd. „Tschüss“, da tat Molly etwas eigenartigen. Sie umarmte ich zum Abschied. Ich stand da und erwiderte die flüchtige Umarmung. Dann drehten wir uns um und jeder ging seinen Weg nach Hause. Lang noch sah ich Molly nach, bis ihre rot- orangen Zöpfe um die Ecke verschwanden. an.
Mit einem Klick sprang die Haustür auf. Ich pfefferte meine Schultasche in die Ecke. „Hallo Maus, wie war die Schule?“, rief meine Mutter aus der Küche. „Toll!“, strahlend lief ich der Stimme nach. Mama stand am Herd und kochte Spaghetti. Clea saß bei Tisch und starrte gebannt auf den Spaghetti-Topf. „Na endlich, ich verhungere schon!“, maulte sie mich an. „Mama, wir haben ein neues Mädchen in der Klasse“, erzählte ich und ignorierte meine Schwester. „Toll wie heißt sie denn, und ist sie nett?“; fragte meine Mutter. „Sie heißt Molly, und ja, sie ist nett.“ „Wo ist eigentlich Papa?“, meldete sich Clea. Ich zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hat er ja einen ganz schlimmen Autounfall“, überlegte Clea. „Clea! Red doch nicht so einen Unsinn!“, schimpfte ihre Mutter. „Oder er wurde von bösen Pferden entführt“, redete Clea einfach ungestört weiter. Ich bekam einen Lachanfall. Das einzige wovor sich mein Vater fürchtete, waren Pferde. Letztes Jahr waren wir in den Ferien für einen Tag zu einem Reiterhof gefahren. Als Clea und ich die Pferde striegelten und meine Eltern zusahen, schlug ein Pferd plötzlich direkt in das Gesicht meines Vaters aus. „Oder, eine Horde Kühe hat ihn zertrampelt.“ Clea schien ziemlich zufrieden mit ihren Theorien des Untergangs unseres Vaters. „Jetzt ist es aber genug Clea! Red nicht so dummes Zeug zusammen“, meine Mutter war ganz außer sich. Für einen Moment grinsten Clea und ich uns verschwörerisch an. Meine Mutter seufzte und meinte: „Fangen wir mal zu essen an, sonst wird alles noch kalt“, und teilte die Spaghetti aus. Clea begann sofort die Nudeln zu verschlingen. Da flog die Haustüre auf und mein Vater platzte herein. „Können sie den Zaun nicht reparieren? Ist das etwa jetzt auch schon zuviel arbeit!“ schimpfte er wie ein Rohrspatz vor sich hin. „Grgr...“, räusperte sich meine Mutter. „Oh…äh“, stotterte er verlegen. „Eine Kuhherde ist ausgebrochen und hat sich auf der Straße niedergelassen. Es war ewig langer Stau“, erzählte er. „Siehst du Mama, es hätte ihn fast eine Kuhherde zertrampelt!“, schmatzte Clea. Unser Vater starrte sie zugleich entsetzt und verwirrt an. Ich prustete los.
Nach dem Essen lief ich in mein Zimmer. Ich liebte es heiß und innig. Es war nicht das Größte, aber es war gerade groß genug, dass ein großer Schrank, ein riesiger Schreibtisch, ein Himmelbett und unzählige Bücherregale hinein passten. Der grüne Teppich, der wie ein Waldboden aussah, war angenehm warm unter meinen Füßen. „Miau!“, ein großer schwarzer Kater kam leichtfüßig auf mich zugesprungen. „Muck!“, rief ich erfreut und nahm meinen kleinen schwarzen Liebling in den Arm. Eigentlich hieß er ja Nepumuck, aber ich fand, dass das zu lange zum rufen ist. Er presste mir freudig zur Begrüßung seine feuchte Nase auf meine. Ich lächelte. „Na, was hast du heute so getrieben? Hast du ein paar Mäuse in Angst und Schrecken versetzt?“, fragte ich und setzte mich in meinen großen Lesesessel. Muck rollte sich schnurrend auf meinem Schoß zusammen. „Na, soll ich dir erzählen, was ich so alles erlebt habe? Na gut“, ich seufzte. „Wo soll ich nur bloß anfangen?“…
Obwohl mir die Schule inzwischen Spaß machte, freute ich mich noch mehr auf das kommende Wochenende, denn da hatten mich meine Großeltern zu sich eingeladen. Noch dazu konnte meine Schwester nicht, weil sie bei einer Freundin übernachtete. So fuhr mich am Freitagnachmittag hin. Ich fröstelte, als ich aus dem Auto ausstieg. Es war ein kalter Herbst dieses Jahr. Am Boden lagen tausende von Blättern und die kleine Hundehütte war ein einziger Blätterhaufen. Plötzlich stürmten meine Großeltern aus dem Haus. Meine Grandma hatte ihre grüne Strickjacke angezogen. Dieser Anblick war mir so vertraut, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Mein Großvater drückte mich mit seinen Bärenpranken fest an sich und Grandma flüsterte mir ins Ohr: „ Komm rein, es gibt warmen Kakao und frisch gebackene Kekse.“ Ja, ich nannte ihre Großmutter nicht Oma oder so, sondern Grandma, weil Englische Wurzeln hatte. Ich drehte sich um und fragte meinen Vater: „ Papa, bleibst du noch?“ „Nein Prinzessin, ich und Mama wollten noch neue Vorhänge fürs Wohnzimmer einkaufen. Ich muss jetzt gleich gehe“, ich drückte ihn und er gab mir einen Kuss auf die Wange. „Auf wieder sehen Sarah, Theo“, verabschiedete er sich von seinen Schwiegereltern. Ich sah ihm nach, als er ins Auto stieg und hastig weg fuhr. Plötzlich riss mich ein nasses Gefühl aus meinen Gedanken. Ich starrte etwas benommen auf meine Hand, die Chap, ein großer, langhaariger Bernhaarsennen, -Mischlingshund, gerade abschleckte. Er war ein außergewöhnlich süßer Hund. Er hatte lange Schlappohren und seine riesigen treuen, braunen Kulleraugen waren einfach bezaubernd. Ich kniete mich hin und begann ihn zu streicheln. Leider tat er das Selbe, nur dass er ja keine Hände hatte und stattdessen, seine Zunge verwendete. Ich stieß ihn sachte zu Seite, doch er machte sich ein Spiel daraus, mich zu erwischen. Bald tobten die beiden übermütig herum, bis Grandma nach Chap pfiff und zu mir sagte: „Ihr könnt später weiter spielen, aber kommt jetzt rein, der Kakao wird sonst noch kalt“. Sie lächelte mich gutmütig an, doch ihre Augen blitzten frech auf. „Außerdem ist Opa schon drinnen und ich habe Angst, dass er uns alle Kekse wegfuttert.“ Ich versuchte erfolglos ein Grinsen zu unterdrücken.
Drinnen war es warm und roch nach frischen Keksen und heißem Kakao. Seufzend setzte ich mich auf meinen Platz, als ich bemerkte, dass am Tisch vor mir zwei Päckchen lagen. Fragend blickte ich zu Grandma auf. „Mach auf, sie gehören dir“, meinte diese, während sie Opa auf die Finger schlug, weil er versuchte ein Keks vom Teller zu stibitzen. Ich nahm das erste Päckchen in die Hand. Er war etwas großer als das andere, dafür aber viel dünner. Geschickt zog ich das Tixo ab und wickelte das Papier herum. Nun sah ich was sich in dem Päckchen befand. Es war ein Bild von mir und meinem Kater, wie wir zusammen in einer bunten Blumenwiese saßen. Muck saß auf meinem Schoß und seine Augen blitzten fröhlich. Meine langen Haare wehten im Wind und gaben meine braunen rehkitzhaften Augen frei. Es war ein gutes Bild. Meine Mutter hatte es diesen Sommer im Sonnenpark gemacht. Es sah so aus, als gebe es nur mich und Muck auf dieser Welt. „Gefällt es dir? Wir haben bemerkt wie sehr dir dein Kater hier fehlt und dachten uns, es wäre vielleicht ein kleiner Trost. Es gehört eigentlich zu dem zweiten Geschenk das du bekommst. Die Geschenke sind verspätete Zeugnisgeschenke“, sagte Grandma. Auf eine so nette Idee konnten auch wirklich nur meine Großeltern kommen, da war ich mir ganz sicher. Ich legte das Bild behutsam zur Seite und machte mich neugierig über das zweite Päckchen her. Es war leicht zu öffnen. Hinter dem rot glänzenden Papier, kam eine kleine Box zum Vorschein. Vorsichtig hob ich ihren Deckel ab. Ich staunte nicht schlecht, als ich den kleinen goldenen Schlüssel sah, der darin lag. Auf dem Schlüssel hing ein Zettel, auf dem „Dachboden“ stand. „Wir dachten das ihr nun schon zu groß seit um euch ein Zimmer zu teilen. Du bist jetzt schließlich in der dritten Gymnasium Schwester in der vierten Volksschule“, betonte Großvater. Und ich verstand. Ich fiel meinen Großeltern um den Hals und bedankte mich mehrmals, aber im nächsten Augenblick stürzte ich auch schon die Treppe hinauf. Meine Hand bebte vor Aufregung, als ich den kleinen Schlüssel in das Türschloss steckte und dann umdrehte. Ich stieß heftig die Türe auf. Der Raum war in einem fröhlichen lila grün gestrichen. Ganz vorne war ein großes Fenster, von dem aus man die Vögel beobachten konnte, die auf dem großen Kirschbaum vor dem Haus saßen und zwitscherten. Neben dem Fenster stand ein Bett mit meinen Kuscheltieren und Bettsachen darauf. Auf der anderen Seite des Fensters stand noch ein Bett. Auf ihm waren aber keine Kuscheltiere, die mich anlächelten und es war auch nicht überzogen. Es waren einfach nur ein paar Polster der Wand entlang aufgestellt worden. Ich fand, dass es ziemlich traurig und deprimierend aussah. Neben der Türe, vor der ich stand, war ein alter Schreibtisch aus Holz und gegenüber stand ein dunkelgrüner Schrank, der mit Rosen bemalt war. Ich schreckte hoch, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Abrupt drehte ich mich um und sah meine Großeltern hinter sich. „Gefällt es dir?“, fragte Grandma sanft. Ich nickte. Es hatte mir die Sprache verschlagen. Diese Überraschung war echt gelungen. „Wir konnten das zweite Bett nirgendwo unterbringen und haben uns dann gedacht, dass du es vielleicht als Sofa verwenden könntest“, meinte Großvater.
Den restlichen Nachmittag verbrachte ich mit Lesen in meinem neuen Zimmer, da es draußen regnete. Am Abend saßen wir alle im Wohnzimmer, tranken Tee, hörten Musik und spielten Schach, wobei ich mit Grandma in einem Team war und wir immer gewannen. Das war genau so ein Abend bei meinen Großeltern wie ich sie liebte.
Als ich schon im Bett lag, war alles stockdunkel. Nur der Mond, der durch das Fenster schien, erleuchtete mein Zimmer. Ich nahm das Bild von mir und Muck in die Hand, das ich auf meinen Nachttisch gestellt hatte. „Hallo Muck“, flüsterte ich und strich mit dem Finger sanft sein Fell entlang. Es leuchtete richtig im Mondlicht. Muck kam mir plötzlich so nah vor. Ich bildete sich fast ein, sein Schnurren zu hören. Da verdeckte eine Wolke den Mond und alles wurde schwarz. Plötzlich hörte ich ein beunruhigendes Geräusch vom anderen Bett her. Es war eine Mischung aus kratzen und quicken, oder so. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Ich verbat sich daran zu denken, was sich unter dem Bett verbergen würde und hielt sich schützend die Hand vor die Kehle, als würde ich erwarten, jeden Moment angegriffen zu werden. Das war einer der Nachteile, fantasievoll und träumerisch zu sein. Man übertrieb ständig maßlos. Ich kuschelte mich in meine Decke und presste Mucks Bild fest an meine Brust. Ich war so erschöpf gewesen, dass ich sehr bald von der Müdigkeit überrumpelt wurde. Ich träumte von einer Blumenwiese, von Muck und von Molly.
So Jul 26, 2015 2:59 pm von Feenstern
» Die Bienen haben Honig hergebracht ^-^
Sa Mai 31, 2014 10:56 am von Schützenherz
» Feuerstern oder Geißel wer soll gewinnen?
Sa Mai 31, 2014 10:55 am von Schützenherz
» Schreibe deinen Namen!
Sa Mai 31, 2014 10:43 am von Honigflamme
» N.C.I.S
Fr Mai 30, 2014 5:04 pm von Schützenherz
» Abendröte,kommt dazu^^
Mi Jan 15, 2014 6:58 pm von Seelenhauch
» Meine 2 anderen Foren
Di Dez 31, 2013 9:25 am von Schützenherz
» KristallClan und EisClan
So Nov 17, 2013 7:41 pm von Nachthauch
» Essensschlacht:)
Fr Okt 11, 2013 2:58 pm von Schützenherz